
Das Projekt INTUITIV ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Verbundprojekt („Roboter für Assistenzfunktionen: Interaktionsstrategien“), in dem neben HFC auch das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), die GESTALT Robotics Gmbh, die Johannesbad Saarschleife AG & Co KG und als Verbundführer die E&K Automation GmbH mitwirken. Ziel des Projektes ist es, im Kontext von Assistenzrobotern im Reha- und Klinikbereich nonverbale und verbale Kommunikationsformen für robotische Plattformen zu entwickeln, die es ermöglichen, das Verhalten der Robotor für den Menschen intuitiver zu gestalten und dadurch sowohl die Akzeptanz für die Roboterassistenten als auch die Effizienz ihres Einsatzes zu erhöhen.
Im Spezifischen werden drei verschiedene robotische Plattformen aufgebaut, deren Verhalten anhand des Standes der Wissenschaft sowie einer Reihe von empirischen Untersuchungen auf größtmögliche Les- und Berechenbarkeit hin designt ist. Neben einem klassischen, stationären Roboterarm, der Pflegefachkräfte im Behandlungszimmer durch Anreichungen z.B. bei Verbandswechseln oder Blutabnahmen unterstützt, werden auch zwei mobile und autonom navigationsfähige Plattformen für den Einsatz im gesamten Klinikgebäude entwickelt. Hierbei handelt es sich um eine Transportplattform, die Patienten und Fachkräften helfen soll, schwere Ladung wie etwa Koffer zu transportieren, sowie ein Rollator, der in Abwesenheit eines Nutzers selbstständig durch die Gänge fahren kann, um beispielsweise weitere Patienten zu einem Behandlungstermin abzuholen oder eigenständig zur Ladestation navigiert.
Hintergrund
In der Interaktion von Mensch zu Mensch ist die Berechenbarkeit des Verhaltens aller Beteiligten ein wichtiger Faktor für erfolgreiche Kooperation: Nur wenn man die Handlungsabsichten seines Gegenübers richtig einschätzen und so sein Verhalten näherungsweise antizipieren kann, ist man in der Lage, auch sein eigenes Verhalten entsprechend anzupassen. Dies ist besonders wichtig, um direkt miteinander zu kooperieren und eine geteilte Aufgabe gemeinsam zu bewältigen, allerdings ebenfalls relevant im Falle einer reinen Koexistenz, bei der es vorrangig darum geht, dass alle beteiligten Akteure ungestört ihren jeweiligen Tätigkeiten nachkommen können. Außerdem führt das subjektive Gefühl, alle relevanten Akteure in der Umgebung einschätzen zu können und so vor unliebsamen Überraschungen gefeit zu sein, zu einer stärkeren Überzeugung, „Herr der Lage“ zu sein, und vermeidet Unsicherheit oder sogar Angstgefühle.
Möchte man nun robotische Plattformen in stärkerem Maß im öffentlich Raum als autonom agierende Akteure einführen, so erscheint es zwingend notwendig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwiefern das Verhalten der Roboter auch für Menschen intuitiv verständlich und antizipierbar ist. Besonders schwer wiegt diese Frage, wenn der Mensch dem Roboter nur zufällig begegnet, wie etwa auf dem Klinikgang. Um sicherzustellen, dass einerseits die Koexistenz von Mensch und Roboter möglichst ungestört und sicher verläuft und andererseits Unwohlsein bei den menschlichen Stakeholdern vermieden wird, ist es unabdingbar, die Plattformen und ihre Interaktionen mit Menschen so zu designen, dass trotz aller Unterschiede zum Menschen das Roboterverhalten intuitiv verständlich und berechenbar ist.
Vorgehen
Ein Hauptfokus von HFC im Projekt liegt in der Planung, Durchführung und Auswertung der Nutzerstudien, die die Gestaltung der drei Plattformen vom frühstmöglichen Zeitpunkt an begleiten. Hierbei kommt ein dreiteiliger Untersuchungsansatz zum Tragen: In einer ersten Versuchsreihe wird durch HFC mithilfe modernster Virtual-Reality-Technik eine SImulatorstudie durchgeführt, in der die Teilnehmer in einem virtuellen Klinikgang auf einen Roboter treffen („episodische Begegnung“). Getestet wird hier auf immersive und zugleich gut standardisierbare Weise, wie sich verschiedene Bewegungstrajektorien und Fahrtstrategien auf die Einschätzung der Intuitivität sowie die Akzeptanz für die Roboter auswirkt. Außerdem wird untersucht, ob und wie sich die Intuitivität der Bewegungsmuster durch zusätzliche Hinweisreize vom Roboter verstärken lässt.
In einer zweiten Versuchsreihe werden Wizard-of-Oz Untersuchungen in der Reha-Klinik Johannesbad Saarschleife erhoben. Hierbei werden die physischen Roboterplattformen mit einer Fernsteuerung versehen, durch die die später autonom vom Roboter ausgeführten Handlungen und Prozesse für die Versuchspersonen realitätsnah simuliert werden. Die Nutzer haben so die Gelegenheit, mit den Systemen zu interagieren und dieses zu bewerten, ohne sich dabei noch nicht implementierte Funktionalitäten vorstellen zu müssen.
Die aus beiden Versuchsreihen gewonnenen Erkenntnisse werden für die Entwicklung der tatsächlichen Roboter verwendet. Als Abschluss der empirischen Versuchsreihen werden erneut Feldtests in der Reha-Klinik Johannesbad Saarschleife mit Patienten und Pflegekräften durchgeführt, um die Umsetzung der finalen Plattformen auf den Prüfstand zu stellen.